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Refinanzierungskosten der Banken: Jüngste Entwicklungen und geldpolitische Einordnung

13. November 2025
Petra Tschudin, Mitglied des Direktoriums
Thomas Moser, Stellvertretendes Mitglied des Direktoriums
Geldmarkt-Apéro, Genf

Zusammenfassung

Seit Anfang 2024 hat die SNB den Leitzins um 1,75 Prozentpunkte gesenkt. Dies führte zu tieferen Finanzmarkt- und Kreditzinsen. Gleichwohl sind die Refinanzierungskosten der Banken - gemessen an den Swapspreads - gestiegen. Hauptgründe sind der Anstieg ausländischer Staatsanleiherenditen im Verhältnis zu den Swapsätzen, der Strukturwandel nach der Übernahme der Credit Suisse durch die UBS und Entwicklungen, welche die Liquiditätsbewirtschaftung der Banken anspruchsvoller gemacht haben. Diese Faktoren erhöhten die Liquiditätsprämien, während die Kreditprämien unverändert blieben. Trotz höherer Refinanzierungskosten bleibt die Kreditvergabe in der Schweiz robust. Die Senkung des SNB-Leitzinses wirkt somit wie beabsichtigt auch über die Kreditmärkte.

Sehr geehrte Damen und Herren

Ich begrüsse Sie ganz herzlich - auch im Namen meines Kollegen Thomas Moser - zu unserem traditionellen Geldmarkt-Apéro in Genf. Wir freuen uns sehr, dass Sie unserer Einladung so zahlreich gefolgt sind. In unserer heutigen Rede und der anschliessenden Podiumsdiskussion geht es um die Refinanzierungskosten der Banken am Schweizer Finanzmarkt.

Seit unserem Treffen vor einem Jahr haben wir den SNB-Leitzins um einen Prozentpunkt gesenkt. Damit beträgt die Zinssenkung seit Anfang 2024 insgesamt 1,75 Prozentpunkte. Diese Leitzinssenkung hat sich auf die relevanten Marktzinsen übertragen.1 Die Zinssätze an den Finanz- und Kreditmärkten sind entsprechend gesunken, womit sich auch die Zinskosten für die Kreditnehmerinnen und Kreditnehmer in der Schweiz verringert haben.

Gleichzeitig stellen wir jedoch fest, dass die Zinsen, zu denen sich Banken an den Finanzmarkt refinanzieren, weniger stark gefallen sind als das allgemeine Zinsniveau. Dies bedeutet, dass die relativen Refinanzierungskosten der Banken am Finanzmarkt gestiegen sind, was sich auf die Bepreisung und die Vergabe von Krediten auswirken kann.2

Da unsere Geldpolitik unter anderem über die Kreditmärkte wirkt, werden wir dieses Phänomen heute genauer beleuchten. Im Zentrum stehen zwei Fragen: Erstens, welche Faktoren erklären die gestiegenen Refinanzierungskosten? Und zweitens, welche Folgen ergeben sich daraus für die Kreditvergabe der Banken und die Wirksamkeit unserer Geldpolitik?

Die Rolle der Refinanzierung an den Finanzmärkten

Bevor wir uns diesen Fragen zuwenden, möchte ich kurz auf die zentrale Rolle der Refinanzierung von Krediten an den Finanzmärkten eingehen.

Vergibt eine Bank einen Kredit, entsteht auf der Aktivseite ihrer Bilanz eine Forderung gegenüber dem Kreditnehmer. Gleichzeitig schreibt sie den entsprechenden Betrag auf dessen Konto gut - auf der Passivseite erscheint somit eine Kundeneinlage als Verbindlichkeit der Bank (Grafik 1a). Sobald der Kreditnehmer diese Einlage für eine Zahlung an eine Kundin einer anderen Bank verwendet, wird der Betrag seinem Konto belastet und dem Konto der Zahlungsempfängerin gutgeschrieben. Der Ausgleich zwischen den beteiligten Banken erfolgt über Sichtguthaben bei der SNB. Die kreditgebende Bank überträgt Liquidität in Form von SNB-Sichtguthaben an die Bank der Zahlungsempfängerin (Grafik 1b).

Die Bank muss sicherstellen, dass sie jederzeit über ausreichende Liquidität verfügt, um all ihren Verpflichtungen - etwa aus Kundenzahlungen - nachkommen zu können. Somit stellt sich die zentrale Frage, wie sie für ausreichend Liquidität sorgt, um ihre Zahlungsfähigkeit zu gewährleisten. Zur Steuerung ihrer Liquidität muss die Bank ihre Kredite solide finanzieren - man spricht in diesem Zusammenhang von der Sicherstellung der "Refinanzierung". Hierfür stehen verschiedene Refinanzierungsquellen zur Verfügung:

  • Kundeneinlagen: Kurzfristige Sicht- oder Spareinlagen sind in der Regel eine der günstigsten Refinanzierungsquellen. Banken können ihre Einlagenbasis vergrössern, indem sie beispielsweise ihre Konditionen anpassen.
  • Geldmarkt: Zur Deckung des kurzfristigen Liquiditätsbedarfs dient die Geldaufnahme am Interbankenmarkt oder bei anderen Finanzmarktakteuren; sie ermöglicht eine flexible und rasche Liquiditätsbeschaffung.
  • Kapitalmarkt: Durch die Ausgabe von Pfandbriefen und Bankanleihen können grosse Liquiditätsvolumen langfristig aufgenommen werden (Grafik 1c). Dies ermöglicht es einer Bank, ihre Liquidität aktiv und langfristig zu steuern.3

In der Regel wird die Bank alle verfügbaren Refinanzierungsquellen nutzen. Sie strebt dabei ein ausgewogenes Refinanzierungsprofil an, das möglichst optimal zu ihrem Geschäftsmodell und den jeweiligen Marktbedingungen passt. Im Folgenden fokussieren wir uns auf die Refinanzierungskosten am Geld- und Kapitalmarkt.

Die Bestimmung der Refinanzierungskosten

Wenn sich Banken refinanzieren, zahlen sie den Investoren einen bestimmten Zinssatz, den sogenannten Refinanzierungszins. Dieser lässt sich konzeptionell in die folgenden vier Komponenten zerlegen (Grafik 2):

  1. die Erwartungen bezüglich der kurzfristigen Zinsen über die Laufzeit der Refinanzierung,
  2. eine Laufzeitenprämie als Kompensation für die Unsicherheit über künftige Zins- und Inflationsentwicklungen,
  3. eine Kreditprämie für das Ausfallrisiko4 der Bank und
  4. eine Liquiditätsprämie, welche die Handelbarkeit des Refinanzierungsinstruments sowie die Finanzierungskosten der Investoren widerspiegelt, die etwa auf Bilanz- und Anlagerestriktionen zurückzuführen sind.5 Letzteres bedeutet: Wenn eine Bank z.B. eine Anleihe emittiert und die Möglichkeiten der Investoren diese zu kaufen begrenzt sind, muss sie eine höhere Liquiditätsprämie bieten und einen entsprechend höheren Refinanzierungszins zahlen.6

Für die Ermittlung der Refinanzierungskosten einer Bank sind die bank- und instrumentenspezifischen Prämien relevant - also diejenigen Aufschläge, die die Bank über die Zinserwartungen und die Laufzeitenprämie hinaus bezahlen muss. Ein gängiges Mass für die Zinserwartungen und die Laufzeitenprämie ist der Swapsatz - also der feste Zinssatz, gegen den Marktteilnehmer am Derivatemarkt einen variablen Geldmarktzins wie den SARON tauschen. Da beim Zinsswap der zugrunde liegende Nominalwert nicht ausgetauscht wird, enthält der Swapsatz weder Kredit- noch Liquiditätsprämien.7

Die Differenz zwischen Refinanzierungszins und Swapssatz isoliert somit die instrumentenspezifischen Kredit- und Liquiditätsprämien. Diese Differenz - Swapspread genannt - ist ein gängiges Mass für die Refinanzierungskosten. Der Swapspread zeigt unmittelbar die zusätzlichen Kosten auf, die Banken bei der Refinanzierung über die Zinserwartungen und die Laufzeitenprämie hinaus tragen müssen. Er ermöglicht somit einen Vergleich der Refinanzierungskosten im Zeitverlauf, über verschiedene Laufzeiten hinweg sowie zwischen unterschiedlichen Refinanzierungsinstrumenten wie Pfandbriefen oder Bankanleihen.

Wie haben sich die Refinanzierungskosten in letzter Zeit entwickelt? Zwischen Mitte 2023 und Ende 2024 sind die Swapspreads für verschiedene Finanzierungsinstrumente deutlich angestiegen (Grafik 3). Das bedeutet, dass die Renditen von Anleihen wie Pfandbriefen in diesem Zeitraum weniger stark gesunken sind als die Swapsätze. Ein ähnlicher Anstieg war auch am Markt für Bankanleihen sowie am unbesicherten Geldmarkt zu beobachten. In jüngster Zeit haben sich die Spreads zwar etwas zurückgebildet, sie verbleiben jedoch auf einem erhöhten Niveau.

Um Ihnen ein Beispiel zu geben: Der Swapspread für zehnjährige Pfandbriefe erreichte am Sekundärmarkt im November 2024 mehr als 40 Basispunkte. Im Zehnjahresdurchschnitt lag er bei rund 20 Basispunkten. Mit zuletzt etwa 30 Basispunkten bewegt er sich damit weiterhin um rund 10 Basispunkte über dem Zehnjahresdurchschnitt.

Erklärungen für den Anstieg der Refinanzierungskosten

Was erklärt den Anstieg der Swapspreads, also der Refinanzierungskosten der Banken? Es gibt eine Vielzahl möglicher Erklärungen, deren Relevanz je nach Bank und Refinanzierungsinstrument variiert. Im Folgenden möchten wir drei zentrale Erklärungen hervorheben (Grafik 4): erstens den Anstieg der Renditen ausländischer Staatsanleihen relativ zu den entsprechenden Swapsätzen, zweitens den Strukturwandel am Schweizer Bankenmarkt infolge der Übernahme der Credit Suisse durch die UBS und drittens Entwicklungen, welche die Liquiditätsbewirtschaftung der Banken anspruchsvoller gemacht haben.

Diese drei Faktoren haben zu einer höheren Liquiditätsprämie bei den Refinanzierungsinstrumenten geführt. Da die Bonität der Schweizer Banken und Pfandbriefinstitute stabil geblieben ist, können wir praktisch ausschliessen, dass ein höheres Kreditrisiko und die damit verbundene Ausweitung der Kreditprämie zum Anstieg des Swapspreads geführt hat.

Erklärung 1: Anstieg der Staatsanleiherenditen relativ zum Swapsatz

Seit Mitte 2023 sind die Swapspreads ausländischer Staatsanleihen, also ihre Renditen im Verhältnis zu den Swapsätzen, deutlich gestiegen (Grafik 5, links).8 Dies lässt sich vor allem auf zwei Entwicklungen zurückführen: Zum einen haben sich die Zentralbanken im Zuge des "Quantitative Tightening (QT)" aus dem Markt für Staatsanleihen zurückgezogen. Dadurch sind wichtige und nur bedingt preissensitive Nachfrager weggefallen. Sie wurden durch preissensitivere private Investoren ersetzt, die das Angebot an Staatsanleihen nur zu höheren Zinsen absorbieren konnten. Zum anderen hat eine Ausweitung der Staatsverschuldung das Angebot an Staatsanleihen im Ausland erheblich erhöht, was die Kurse belastete und die Renditen ansteigen liess.9

In der Schweiz hat die SNB keine Schweizer Staatsanleihen verkauft - und es gab auch keine Ausweitung der Haushaltsdefizite.10 Dennoch spiegelten sich die globalen Zinsbewegungen in den Renditen von Schweizer Bundesobligationen wider - vor allem über Zinsarbitrage-Geschäfte und internationale Portfolioallokationen. Steigen etwa die Renditen deutscher Bundesanleihen im Vergleich zu entsprechenden Schweizer Papieren, büssen Schweizer Anleihen für Investoren an Attraktivität ein. Als Folge sinkt die Nachfrage, was die Kurse unter Druck setzt und die Renditen am Schweizer Markt steigen lässt.11

Die beschriebenen Übertragungseffekte beschränken sich nicht auf die Wirkung ausländischer Renditen auf Schweizer Anleihen, sondern wirken auch innerhalb desselben Währungsraums (Grafik 5, rechts). Erhöht sich der Swapspread von Staatsanleihen, so steigen in der Regel auch die Swapspreads anderer Anleihen - etwa von Pfandbriefen oder Bankanleihen. Dieser Anpassungsmechanismus führt dazu, dass ein Anstieg der Swapspreads ausländischer Staatsanleihen die Spreads vergleichbarer Staatsanleihen in Franken ausweitet und die Refinanzierungskosten der Banken erhöht.

Erklärung 2: Strukturwandel am Schweizer Bankenplatz

Die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS im Jahr 2023 hat einen Strukturwandel ausgelöst, der sich auch am Kreditmarkt in der Schweiz niederschlägt. So hat seither die Zahl der Kunden, die neue Kreditbeziehungen mit inlandorientierten Banken eingegangen sind, deutlich zugenommen. Ein wichtiger Grund hierfür war der Wunsch nach Diversifizierung: Viele zuvor sowohl mit der UBS als auch mit der Credit Suisse verbundene Kunden suchten zusätzliche Bankbeziehungen, um ihre Abhängigkeit von einer einzelnen Grossbank zu verringern. Zugleich könnte diese Entwicklung auch auf stärker risikobasierte Kreditkonditionen für ehemalige Credit-Suisse-Kunden im Kontext der Integration in die UBS zurückzuführen sein.12

Dieser Strukturwandel führte dazu, dass sich die Kreditvergabe vermehrt zu den inlandorientierten Banken verschob (Grafik 6, links). In unseren Gesprächen mit Marktteilnehmern wurde betont, dass das Kreditwachstum bei einigen dieser Banken den Anstieg der Kundeneinlagen deutlich überstieg, wodurch ihr Refinanzierungsbedarf am Kapitalmarkt zunahm. Da viele der inlandorientierten Banken - im Unterschied zur ehemaligen Credit Suisse - im Ausland kaum oder gar nicht vertreten sind, verfügen sie über einen eingeschränkteren Investorenkreis. Dies hat den Refinanzierungsbedarf im Inland entsprechend erhöht.

Der zusätzliche Refinanzierungsbedarf der Banken am Schweizer Kapitalmarkt zeigt sich im Emissionsvolumen von Bankanleihen und Pfandbriefen (Grafik 6, rechts). Dieses hat in den vergangenen Jahren kontinuierlich zugenommen und dürfte zum Anstieg der Spreads von Pfandbriefen und Bankanleihen beigetragen haben.

Erklärung 3: Anspruchsvollere Liquiditätsbewirtschaftung

Im Zentrum der Liquiditätsbewirtschaftung der Banken steht die Erfüllung der Liquidity Coverage Ratio (LCR).13 Diese schreibt vor, dass Institute über ausreichend High Quality Liquid Assets (HQLA) verfügen müssen, um ihre kurzfristigen Verpflichtungen auch in Stressphasen erfüllen zu können. Zu den HQLA zählen die Sichtguthaben, die die Banken bei der Zentralbank halten, sowie Staatsanleihen und weitere hochwertige, liquide Wertpapiere. In der Schweiz machen die Sichtguthaben einen grossen Teil der HQLA aus.

In den vergangenen Quartalen haben drei Entwicklungen die Liquiditätsbewirtschaftung der Banken anspruchsvoller gemacht und über eine höhere Liquiditätsprämie zu einem Anstieg der Swapspreads beigetragen.

Erstens hat das Angebot an verfügbaren HQLA abgenommen, weil die SNB im Zuge der geldpolitischen Straffung bis Ende 2023 Devisen verkauft hat.14 Diese Transaktionen führten zu einem Rückgang der Sichtguthaben der Banken bei der SNB und somit zu einem Rückgang ihrer HQLA.15 Zudem erhöhte die SNB zum 1. Juli das Mindestreserveerfordernis für die Banken.16 Sichtguthaben zur Erfüllung dieser Mindestreserven sind auch unter Stressbedingungen dauerhaft vorzuhalten und können daher nicht an die LCR angerechnet werden. Dadurch verringerte sich das Volumen der anrechenbaren HQLA.

Zweitens gelten seit Januar 2024 für systemrelevante Banken strengere Liquiditätsanforderungen.17 Diese stellen die vom Bankengesetz verlangte höhere Widerstandsfähigkeit einer systemrelevanten Bank gegenüber Liquiditätsschocks sicher und haben ihren Bedarf nach HQLA und langfristiger Finanzierung erhöht.

Drittens führt die gegenwärtig vergleichsweise flache Zinskurve - bei der die langfristigen Zinssätze kaum höher sind als die kurzfristigen Zinssätze - dazu, dass sich die Fristigkeiten auf der Passivseite der Bankbilanzen tendenziell verkürzen. Dies liegt daran, dass in einem solchen Zinsumfeld die Anleger dazu tendieren, längerfristige Anlagen wie Festgelder und Bankanleihen zu meiden und stattdessen kurzfristige Sichteinlagen zu bevorzugen. Eine solche Verkürzung der Fristigkeit ihrer Passiva verschlechtert die LCR der Banken.

Diese Entwicklungen führten dazu, dass die Banken mehr HQLA nachfragten und eine längerfristige Finanzierungsstruktur anstrebten. Teilweise geschah dies, um die Erfüllung der Liquiditätsanforderungen sicherzustellen. Gemäss unseren Gesprächen mit Marktteilnehmern wollten die Institute zudem in vielen Fällen ihre Liquiditätsüberschüsse nicht absinken lassen, sie wollten also ihre Liquiditätspuffer bewahren. Der HQLA-Überschuss im Schweizer Bankensystem liegt somit auf einem Niveau, das mit jenem des Jahres 2022 vergleichbar ist (Grafik 7).

Der verstärkte Wettbewerb um längerfristige Finanzierungen der HQLA hat zum Aufwärtsdruck auf die Liquiditätsprämien und damit auch auf die Swapspreads an den Refinanzierungsmärkten beigetragen. Die erhöhte Nachfrage nach langfristigen Geldern hat sich ausserdem am unbesicherten Geldmarkt bemerkbar gemacht, wo die Spreads bei Laufzeiten von über 90 Tagen seit 2024 deutlich gestiegen sind (Grafik 8).

Ausblick für die Refinanzierungskosten am Schweizer Finanzmarkt

Was erwarten wir für die weitere Entwicklung (Grafik 9)? Das internationale Umfeld spricht derzeit gegen einen raschen Rückgang der Refinanzierungskosten. Zwar hat sich das QT der Zentralbanken - also das Tempo ihrer Wertschriftenverkäufe - zuletzt verlangsamt.18 Einer Reduktion der Spreads zwischen Staatsanleiherenditen und den entsprechenden Swapsätzen wirkt aber der hohe Finanzierungsbedarf der Staaten entgegen.19

Der strukturelle Wandel am Schweizer Bankensektor infolge der Übernahme der Credit Suisse durch die UBS wird voraussichtlich einige Zeit anhalten. Zwar gibt es Anzeichen, dass sich bereits Anpassungsprozesse vollziehen und Lücken, die durch den Wegfall der Credit Suisse entstanden sind, nicht nur durch inlandorientierte Banken, sondern auch durch andere Marktteilnehmer, wie z.B. ausländische Banken, gefüllt werden. Zudem beobachten wir, dass zahlreiche Institute ihre Palette der Refinanzierungsmassnahmen erweitern, unter anderem, indem sie auch im Ausland Mittel aufnehmen. Diese Anpassungsprozesse sind jedoch anspruchsvoll und brauchen Zeit.

Die Devisenverkäufe der SNB in den Jahren 2022 und 2023, die Erhöhung der Mindestreserven sowie die strengeren Liquiditätsanforderungen für systemrelevante Banken wirken dauerhaft auf die Liquiditätsbewirtschaftung der Banken. Auch hier kann die Erschliessung zusätzlicher Refinanzierungsquellen helfen, den Aufwärtsdruck bei den Refinanzierungskosten zu mildern.

Tatsächlich beobachteten wir in den letzten Monaten eine gewisse Entspannung der Situation: Am unbesicherten Geldmarkt und am Markt für Pfandbriefe sind die Swapspreads gesunken. Dies deutet darauf hin, dass die genannten Anpassungsprozesse - wie etwa die Erschliessung neuer Refinanzierungsquellen - voranschreiten.

Bedeutung für Kreditversorgung und Geldpolitik

Die zentrale Fragestellung aus Sicht der SNB lautet, welche Auswirkungen die gestiegenen Refinanzierungskosten auf die Vergabe und die Bepreisung von Bankkrediten haben - und ob dies die Wirkung unserer Geldpolitik beeinflusst.

Betrachten wir zunächst die Kreditvergabe und die Kreditbepreisung. Für Banken stellt die Zinsmarge - also die Differenz zwischen Kreditzins und Refinanzierungszins - eine wesentliche Ertragsquelle dar. Ein Anstieg der Refinanzierungskosten - also eine Situation, in der der Refinanzierungszins relativ zum Swapsatz steigt - reduziert diese Marge unmittelbar. Um sie zu stabilisieren, können Banken ihre Kreditzinsen im Verhältnis zum Swapsatz anheben.

Tatsächlich beobachten wir, dass sich seit 2024 der Spread zwischen verschiedenen Kreditzinsen und den Swapsätzen ausgeweitet hat. So stieg der durchschnittliche Swapspread für publizierte Hypothekarzinsen um rund 20 Basispunkte an (Grafik 10).

Neben der Steuerung der Zinsmarge müssen die Banken auch dafür sorgen, dass sie regulatorische Liquiditätskennzahlen einhalten. Dies kann durch eine restriktivere Kreditvergabe erreicht werden: Indem das Kreditwachstum gezielt gebremst wird, kann der Refinanzierungsbedarf gesenkt werden.

Wir beobachten aber, dass das Kreditwachstum in der Schweiz insgesamt robust geblieben ist. Aktuell wächst das Hypothekarkreditvolumen, welches mehr als 85% des gesamten Kreditvolumens ausmacht, mit rund 3%. Diese Entwicklung liegt im Rahmen unserer Modellprognosen. Auf Basis der verfügbaren Daten lässt sich keine "Kreditklemme" - also keine landesweite Unterversorgung der Wirtschaft mit Kreditfinanzierungen - erkennen.20

Was bedeutet dies nun für die Geldpolitik der SNB? Im Zuge unserer Leitzinssenkungen sind sowohl die Refinanzierungs- als auch die Kreditzinsen spürbar gesunken (Grafik 11, links), auch wenn sie relativ zu den Swapsätzen angestiegen sind. Damit zeigt sich, dass die geldpolitische Transmission über die Kreditmärkte funktioniert.21 In der Folge hat sich das Kreditwachstum entsprechend beschleunigt (Grafik 11, rechts). Die Lockerung unserer Geldpolitik entfaltet somit die beabsichtigte Wirkung.

Schlussbemerkungen

Zusammenfassend lässt sich festhalten: In den letzten Quartalen sind die Refinanzierungskosten der Banken, gemessen an den Swapspreads, spürbar gestiegen. Treibende Faktoren waren der globale Anstieg der Swapspreads von Staatsanleihen, der strukturelle Wandel am Schweizer Bankenplatz sowie verschiedene Entwicklungen, die die Liquiditätsbewirtschaftung der Banken anspruchsvoller gemacht haben.

Trotz dieses Anstiegs bleibt das Kreditwachstum in der Schweiz robust, und unsere geldpolitischen Impulse entfalten ihre Wirkung über die Kreditmärkte: Die Lockerung der Geldpolitik seit Anfang 2024 hat zu tieferen Finanzmarkt- und Kreditzinsen und einer Belebung der Kreditvergabe geführt und damit zur Sicherung der Preisstabilität in der Schweiz beigetragen. Damit ist die Wirksamkeit unserer Geldpolitik intakt. 

Referenzen

Baeriswyl, Freitag und Ganarin (2025), Robust bank lending in a changing credit market environment, SNB Economic Note No. 13/2025.

BIS (2024), Negative interest rate swap spreads signal pressure in government debt absorption, BIS Quarterly Review, Dezember 2024.

Brunnermeier and Pedersen (2009), Market Liquidity and Funding Liquidity, The Review of Financial Studies, Volume 22, Issue 6, June 2009, S. 2201-2238.

Bundesrat (2022), Bundesrat beschliesst für systemrelevante Banken Änderungen der Liquiditätsordnung, Medienmitteilung vom 3. Juni 2022.

Bundestresorerie (2025), Tätigkeitsbericht 2024, März 2025.

Federal Reserve (2025), Federal Reserve Balance Sheet Developments, Mai 2025.

Federal Reserve (2025a), Monetary Policy Report, Juni 2025.

Martin und Moser (2024), Die Umsetzung und Transmission der Geldpolitik der SNB im jüngsten Straffungszyklus. Geldmarkt-Apéro der SNB, 18. April 2024.

SNB (2024), Nationalbank erhöht Mindestreserveerfordernis, Medienmitteilung vom 22. April 2024.

SNB (2025), Bericht zur Finanzstabilität 2025.

SNB (2025a), Quartalsheft 1/2025, März 2025.

  1. Die Vortragenden danken Dirk Faltin und Christian Myohl für ihre Unterstützung bei der Vorbereitung dieses Referats. Ihr Dank geht auch an Romain Baeriswyl, Maja Ganarin, Sylvie Golay Markovich, Christoph Hirter, Kerstin Kehrle, Damien Klossner, Joséphine Molleyres, Reto Nyffeler, Nicole Rütti und Michael Schäfer für ihre wertvollen Kommentare, an Tim Gasser für die Unterstützung bei der Erstellung der Grafiken sowie an die Sprachendienste der SNB.
  2. Siehe Martin und Moser (2024) zur Transmission des Leitzinses auf die Finanzmarktzinsen.
  3. In dieser Rede verwenden wir den Begriff "Refinanzierungskosten" stets als relatives Mass, das den absoluten Refinanzierungszinssatz ins Verhältnis zum allgemeinen Zinsniveau stellt.
  4. Daneben gibt es weitere Refinanzierungsquellen, wie beispielsweise den Verkauf von Krediten an Investoren, etwa durch Verbriefung.
  5. Die Kreditprämie kompensiert für das erwartete Ausfallrisiko und die Unsicherheit bezüglich eines Ausfallrisikos.
  6. Institutionelle Investoren wie Pensionskassen und Versicherer unterliegen verschiedenen Bilanz- und Anlagerestriktionen, wie z.B. Obergrenzen für bestimmte Anlageklassen, Diversifikationsvorschriften, Bonitäts- und Liquiditätsanforderungen.
  7. Siehe Brunnermeier, M. K. and L. H. Pedersen (2009), S. 2202-2203.
  8. Die für Zinsswaps relevanten Geldmarktsätze wie der SARON spiegeln das durchschnittliche Interbanken-Kreditrisiko wider. Da der SARON durch hochwertige und liquide Anlagen besichert ist, ist das Kreditrisiko bei SARON-Swaps vernachlässigbar.
  9. In der Marktpraxis wird der Swapspread von Staatsanleihen als Differenz zwischen dem Swapsatz und der Rendite einer Staatsanleihe gleicher Laufzeit berechnet (Swapspread = Swapsatz - Staatsanleiherendite). In dieser Rede verstehen wir jedoch analog zur Berechnung der Refinanzierungskosten der Banken den Swapspread von Staatsanleihen als Staatsanleihenrendite minus Swapsatz.
  10. Siehe BIS (2024).
  11. Die SNB hat zur Straffung ihrer Geldpolitik ihren Bestand an Devisenreserven reduziert, was zum erhöhten Angebot an Wertschriften in Fremdwährungen beigetragen hat.
  12. Siehe Bundestresorerie (2025), S. 11.
  13. Siehe SNB (2025), S. 16 und SNB (2025a), S. 31.
  14. Das Schweizer Bankengesetz in Verbindung mit der Liquiditätsverordnung verpflichtet Schweizer Banken zu einem professionellen Liquiditätsmanagement. Neben der kurzfristigen Liquiditätsquote (Liquidity Coverage Ratio, LCR) ist auch die sogenannte Net Stable Funding Ratio (NSFR) einzuhalten. Die NSFR begrenzt die Abhängigkeit von kurzfristigen Geldern, indem sie stabile Finanzierungsstrukturen für die langfristigen Kredite der Banken verlangt.
  15. In einem kleineren Umfang führten gleichzeitig der Rückgang des Notenumlaufs, Zinszahlungen der SNB und Gewinnausschüttungen an Bund und Kantone zu einer Zunahme der HQLA im Bankensystem. Auch die Auszahlung der ausserordentlichen Liquiditätshilfe ELA (Emergency Liquidity Assistance) erhöhte die HQLA temporär. Dieses Zusammenspiel wirkte damit entgegengesetzt zu den Devisenverkäufen.
  16. Im internationalen Vergleich sind die von der SNB zur Verfügung gestellten Sichtguthaben bzw. HQLA auch nach den vorgenommenen Bilanzreduktionen weiterhin sehr hoch. Für die Erfüllung der LCR in Schweizer Franken stehen für Schweizer Banken auch die sogenannten ALA-Optionen (Alternative Liquidity Approaches) zur Verfügung: Banken haben die Möglichkeit, Fremdwährungs-HQLA oder zusätzliche HQLA der Kategorie 2a (Pfandbriefe) anzurechnen. Diese Optionen wurden ausdrücklich für Jurisdiktionen geschaffen, in denen das Angebot von HQLA ohne die Sichtguthaben der Zentralbank nicht genügend gross sein kann.
  17. Siehe SNB (2024): Nationalbank erhöht Mindestreserveerfordernis der Banken.
  18. Siehe Bundesrat (2022): news.admin.ch/de/nsb?id=89132.
  19. Siehe zum Beispiel Federal Reserve (2025), S. 5 und Federal Reserve (2025a), S. 37. Die Federal Reserve entschied sich im Oktober, ihr QT im Dezember dieses Jahres ganz einzustellen.
  20. In der Schweiz sind die Swapspreads der Staatsanleihen im laufenden Jahr spürbar gesunken. Ein möglicher Grund hierfür ist, dass Frankenanlagen verstärkt als sicherer Hafen ins Blickfeld der Anleger gerückt sind.
  21. In komplexen Kreditsegmenten oder bei einzelnen Kreditnehmern kann sich die Zurückhaltung bemerkbar machen. Siehe Baeriswyl, Freitag und Ganarin (2025).
  22. Neben dem Kreditkanal wirkt die Geldpolitik auch über andere Kanäle, wie beispielsweise den Wechselkurskanal.

Beteiligte Personen

  • Petra Tschudin
    Mitglied des Direktoriums

  • Thomas Moser
    Stellvertretendes Mitglied des Direktoriums

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