Der Devisenmarkt und die Referenzzinssätze im Brennpunkt

Dewet Moser, Stellvertretendes Mitglied des Direktoriums

Geldmarkt-Apéro, Genf, 16.11.2017

Stabile und verlässliche Referenzzinssätze sind für das Funktionieren moderner Finanzmärkte von grosser Bedeutung. Wie in anderen Währungsräumen ist der Libor auch in der Schweiz der mit Abstand dominierende Referenzwert, und dies nicht nur am Geldmarkt. Der Libor bildet den Ausgangspunkt für den Markt für Zinsswaps, wo für verschiedene Laufzeiten Zahlungen auf variabler gegen solche auf fixer Basis ausgetauscht werden. Aufgrund der hohen Liquidität dieses Marktes dient die Swapkurve schon seit Jahrzehnten als Fundament für die Preisbildung und Bewertung von Anleihen und Krediten in Franken.

Mit der Finanzkrise ist allerdings in allen Währungen das Handelsvolumen am unbesicherten Geldmarkt - der Grundlage für die Ermittlung des Libors - dramatisch geschrumpft und hat sich auch nicht mehr erholt. Daher kündigte der britische Regulator im Juli an, dass er den Libor nur noch bis Ende 2021 unterstützen wird. Angesichts der Dominanz des Libors stellt eine Abnabelung auch hierzulande eine anspruchsvolle Aufgabe dar. Alle Akteure müssen zu einem möglichst störungsfreien Übergang beitragen, indem sie sich rechtzeitig auf die Ablösung vorbereiten. Auch die Verantwortung für die Wahl einer Alternative liegt letztlich beim Privatsektor. Die Schweizerische Nationalbank (SNB), die sich bereits seit vielen Jahren für den Geldmarkt engagiert, beteiligt sich indes am Prozess. Sie wirkt in der nationalen Arbeitsgruppe für Referenzzinssätze in Franken mit - dem Marktgremium, das die Ablösung steuert und koordiniert. Im Oktober empfahl die Arbeitsgruppe, den SARON als Alternative für den Libor heranzuziehen. Der SARON, der Tagesgeldsatz aus dem Repomarkt, ist eine fest etablierte, breit abgestützte und transparent ermittelte Grösse.

Am Devisenmarkt fällt auf, dass auf dem Franken seit einiger Zeit kein akuter Aufwertungsdruck mehr lastet. Dies dürfte darauf zurückzuführen sein, dass sich in der Eurozone die Lage und die Stimmung in der ersten Jahreshälfte positiv gewandelt haben, die Entwicklung in den USA weiterhin günstig verläuft und die Verfassung der Weltwirtschaft insgesamt solide geblieben ist.

Umfang und Geschwindigkeit der Frankenabschwächung im Sommer haben viele Analysten und wohl auch einige Akteure überrascht. Dennoch war die Abschwächung im Sommer am Markt bemerkenswert breit abgestützt. Obschon die Dynamik zeitweise hoch war, verlief das Handelsgeschehen stets in geordneten Bahnen. So bewegten sich die Geld-Brief-Spannen um die längerfristigen Durchschnittswerte, was auf eine gute Marktqualität hindeutet.

Auch wenn sich die Lage am Devisenmarkt etwas entspannt hat, bleibt sie fragil. Das Risiko einer erneuten massiven Frankenaufwertung kann nicht ausgeschlossen werden. Daher ist die expansive Ausrichtung der Geldpolitik mit dem Negativzins auf den Sichtguthaben und der Bereitschaft der SNB, bei Bedarf am Devisenmarkt zu intervenieren, unverändert angemessen.