Machen Zentralbanken zu viel?

Jean-Pierre Danthine, Vizepräsident des Direktoriums

Foire du Valais, Martigny, 09.10.2014

In den letzten Jahren haben die Zentralbanken ein ganzes Arsenal von Instrumenten eingesetzt, um die Finanzkrise zu bekämpfen und die Nachwehen zu lindern. Sie übernehmen zudem eine wichtigere Rolle in der Regulierung. Sind sie damit nicht zu aktiv geworden?

Nach Ausbruch der Finanzkrise senkten die Zentralbanken die Zinsen resolut und stellten als Lender of last Resort viel Liquidität zur Verfügung. Damit trugen sie dazu bei, Volkswirtschaften und Finanzmärkte vor dem Kollaps zu bewahren. Gleichwohl blieb die Erholung zögerlich und die Arbeitslosigkeit hoch. Allerdings befanden sich die kurzfristigen Zinsen bereits nahe null, und damit war das konventionelle Instrumentarium der Geldpolitik ausgeschöpft. Um die Wirtschaft anzukurbeln, griffen die Zentralbanken daher zu unkonventionellen Instrumenten. Im Vordergrund standen grossangelegte Käufe langfristiger Wertpapiere (Quantitative Easing) und die Verpflichtung, die kurzfristigen Zinsen für eine bestimmte Zeit tief zu halten (Forward Guidance).

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) stellt allerdings einen Sonderfall dar, war sie doch mit einer massiven Aufwertung des Frankens konfrontiert. Sie legte im September 2011 einen Mindestkurs gegenüber dem Euro fest, nachdem sie zuvor andere unkonventionelle Massnahmen getroffen hatte. Der Mindestkurs hat das Risiko reduziert, dass es zu deflationären Entwicklungen kommt. Er bleibt weiterhin das Hauptinstrument der SNB, um die Preisstabilität zu sichern und damit ihren Auftrag zu erfüllen. Die Erfahrungen seit Ausbruch der Finanzkrise und insbesondere der Mindestkurs zeigen, wie wichtig es ist, dass die SNB flexibel reagieren kann. Diesen geldpolitischen Handlungsspielraum würde die Goldinitiative mit ihren Forderungen nach einem Goldmindestanteil und einem Goldverkaufsverbot massiv beschneiden.

Die Krise hat zwei Mängel in der bisherigen Regulierung zu Tage gefördert: Erstens war das Augenmerk zu sehr auf Krisenbewältigung und zu wenig auf Krisenverhütung gerichtet. Zweitens wurde das systemische Risiko vernachlässigt, das von ganz grossen oder stark vernetzten Finanzinstituten ausgehen kann. Zentralbanken verfügen über Werkzeuge und Kompetenzen, die in diesem Gebiet notwendig sind. Entsprechend haben sie ihr Mandat im Bereich der Finanzstabilität neu interpretiert.

Zentralbanken sind somit nicht zu aktiv geworden; vielmehr haben sie das getan, was nötig war und nötig ist.