Währungen, Geld und digitale Token

Thomas Jordan, Präsident des Direktoriums

Jubiläum 30 Jahre WWZ und VBÖ, Universität Basel, Basel, 05.09.2019

Die Digitalisierung im Finanzsektor und insbesondere Innovationen im Bereich von Währungen und Geld sind für Zentralbanken von grossem Interesse. Digitales "Tokengeld" ist eine solche Innovation. Es ist jüngst, neben Bargeld und Buchgeld, als eine weitere Form von Geld entstanden.

Das heutige Verständnis von digitalem Tokengeld ist wesentlich durch Kryptowährungen wie beispielsweise Bitcoin geprägt worden. Kryptowährungen und darauf basierende digitale Token sind aufgrund ihrer grossen Wertschwankungen als Zahlungs- und Wertaufbewahrungsmittel sowie als Recheneinheit jedoch nur beschränkt nützlich. Krypto-Token haben nicht die Eigenschaften von "gutem" Geld, das sich generell durch Wertstabilität auszeichnet, aber auch durch breite Akzeptanz und die Möglichkeit, damit effizient zahlen zu können. Vor diesem Hintergrund scheint es aus heutiger Sicht unwahrscheinlich, dass Krypto-Token in der Schweiz verbreitet als Geld eingesetzt werden.

Anders könnte es sich mit Stable Coins verhalten. Auch dabei handelt es sich um privat emittierte digitale Token. Stable Coins sind aber so konzipiert, dass sie möglichst geringe Wertschwankungen gegenüber offiziellen Währungen beziehungsweise wertstabilen Anlagen aufweisen sollen. Grundsätzlich haben sie deshalb das Potenzial, als Geld grössere Verbreitung als Krypto-Token zu finden. Daher müssen Stable Coins aus regulatorischer und geldpolitischer Perspektive genau analysiert und eingeordnet werden. Die Messlatte für eine Beurteilung bezüglich Nutzen, Effizienz, Zuverlässigkeit und Sicherheit sind die heutigen Systeme und die bestehende Regulierung für vergleichbare Aktivitäten. Erst der Wettbewerb unter gleichen Bedingungen wird zeigen, ob Stable Coins eine nützliche und effiziente Ergänzung zum heutigen Bar- und Buchgeld sein können.

Neben dem Privatsektor könnten auch staatliche Institutionen wie Zentralbanken digitales Tokengeld emittieren. Grundsätzlich gibt es zwei Einsatzgebiete, die dafür in Frage kommen: Zum einen könnte allen Haushalten und Unternehmen Zugang zu Token gewährt werden. Zum anderen könnten Token nur Geschäftsbanken und anderen Finanzmarktakteuren zur Verfügung gestellt werden, so wie heute die Sichtguthaben bei der Zentralbank.

In der Schweiz wäre ein Zugang zu digitalem Zentralbankgeld für alle Haushalte und Unternehmen, ob in Form von Franken-Token oder von Sichtguthaben, mit Risiken verbunden. Dazu kommt, dass der bargeldlose Zahlungsverkehr in der Schweiz zuverlässig, sicher und effizient ist und ständig weiterentwickelt wird. Die SNB steht deshalb dem Zugang zu digitalem Zentralbankgeld für alle Haushalte und Unternehmen kritisch gegenüber.

Die Einführung eines staatlich emittierten digitalen Tokens allein für Finanzmarktakteure bedarf einer genauen Analyse. Falls sich in der Finanzindustrie die Wertpapier-Token durchsetzen, wird sich die Frage stellen, ob für die neuen Finanzmarktinfrastrukturen auch staatlich emittiertes digitales Tokengeld als Zahlungsmittel nötig sein wird. Die SNB verfolgt die Entwicklungen mit grossem Interesse und beteiligt sich aktiv an den Diskussionen, künftig auch im Rahmen des BIZ-Innovation-Hub.