Der starke Franken und die Zukunft der schweizerischen Finanzmarktinfrastruktur: Zwei aktuelle Herausforderungen für die SNB

Jean-Pierre Danthine, Mitglied des Direktoriums

Geldmarkt-Apéro, Genf, 03.11.2011

Aufgrund der weltwirtschaftlichen Lage herrscht bei den Zentralbanken derzeit kein Mangel an Herausforderungen. Aus Sicht der Schweizerischen Nationalbank (SNB) sind zwei sehr unterschiedliche Herausforderungen von besonderer Bedeutung: die Zukunft der schweizerischen Finanzmarktinfrastruktur (FMI) und der starke Franken.

Die in hohem Masse integrierte schweizerische FMI sorgt kaum für Schlagzeilen, da sie sehr gut funktioniert. Der verschärfte Wettbewerb an den internationalen Märkten, die weltweiten regulatorischen Änderungen, die wachsenden Handelsvolumen und die erhöhte Volatilität sind jedoch Anzeichen dafür, dass sich die FMI weiterentwickeln muss, um wirkungsvoll zu bleiben. Eine gut funktionierende, sichere und effiziente FMI ist für die Umsetzung der Geldpolitik sowie für den Zugang der Teilnehmer zur Zentralbankliquidität von entscheidender Bedeutung. Ebenso ist sie für das Funktionieren der Finanzmärkte unabdingbar. Um sich der Bedeutung der FMI und der Notwendigkeit, dafür eine Strategie zu entwickeln, bewusst zu werden, müssen die Stärken unserer Infrastruktur und die aktuellen Herausforderungen, mit denen sie konfrontiert ist, beleuchtet werden.

Obwohl der Franken historisch betrachtet eine starke Währung ist, war die massive Überbewertung in diesem Sommer doch aussergewöhnlich. Abrupte Wechselkursbewegungen in dieser Grössenordnung lassen sich nicht allein durch sich langsam ändernde wirtschaftliche Fundamentaldaten oder volkswirtschaftliche Antriebskräfte erklären. Die Stärke des Frankens ist auch auf dessen Status als «sicheren Hafen» zurückzuführen; ein Finanzmarktphänomen, das der Realwirtschaft einen bedeutenden und potenziell dauerhaften Schaden zufügen kann. Die massive Überbewertung des Frankens stellte in diesem Sommer für die Schweizer Wirtschaft eine akute Bedrohung dar, die mit dem Risiko einer Deflation verbunden war. Dies bewog die SNB am 6. September dazu, einen aussergewöhnlichen Entscheid zu fällen, indem sie einen Mindestkurs des Frankens zum Euro festlegte.