Was kann man von der Geldpolitik erwarten?

Jean-Pierre Roth, Präsident des Direktoriums

Centre International d'Etudes Monétaires et Bancaires, Genf, 25.11.2003

Aktuelle Ereignisse wie die gegenwärtige Wirtschaftsschwäche oder auch das neue Notenbankgesetz werfen die Frage auf, was man von der Geldpolitik erwarten kann.

Bezüglich der Stabilität der Konsumentenpreise ist die Antwort relativ einfach. Das Ziel der Preisstabilität steht ganz oben auf der Prioritätenliste der Schweizerischen Nationalbank (SNB). Da sowohl Inflation wie auch Deflation langfristig monetäre Phänomene sind, kann und wird die SNB auch in Zukunft die Preisstabilität gewährleisten.

Bezüglich der Konjunktursteuerung kann von der Geldpolitik bedeutend weniger erwartet werden. Der Gang der schweizerischen Wirtschaft hängt stark vom Wachstum im Ausland ab. Inflation schafft langfristig kein Wirtschaftswachstum, stabile Preise hingegen sind die beste Voraussetzung für ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum. Ein Preisstabilitätsziel führt automatisch zu einer gewissen Stabilisierung der Konjunktur. Aufgrund von Unsicherheiten und Zeitverzögerungen ist jedoch eine Feinsteuerung der Konjunktur nicht möglich.

Spekulative Blasen in Immobilien- und Aktienmärkten waren in den vergangenen zwei Jahrzehnten eine zunehmende Quelle makroökonomischer Instabilitäten. Aktien- und Immobilienpreise dienen zwar als wichtige Indikatoren über den zukünftigen Verlauf der Konjunktur, sind jedoch kein Ziel der Geldpolitik. Viele Gründe sprechen gegen eine direkte Reaktion der Geldpolitik auf Vermögenspreise. Es stellt sich hingegen die Frage, ob Geldpolitik nicht mehr tun kann, um die Entstehung spekulativer Blasen a priori zu vermeiden.