Die Aussichten der Schweiz inmitten der Euro-Zone

Jean-Pierre Roth, Präsident des Direktoriums

Wirtschaftsforum Graubünden, Chur, 12.02.2002

Der globale Abschwung im Jahre 2001, vor allem die stagnierende Nachfrage aus der Euro-Zone, traf die Schweizer Wirtschaft empfindlich und hinterliess auch auf dem Arbeitsmarkt Spuren. Eine zusätzliche Erschwernis brachte die Aufwertung des Frankens gegenüber dem Euro. Angesichts des schwierigen Konjunkturumfeldes war diese auch aus Sicht der Nationalbank unerwünscht. Sie untergrub ihre Bemühungen, die Geldpolitik zu lockern und schuf das Risiko einer deflationären Entwicklung. Aus diesem Grund nahm die Nationalbank das Zielband für den Dreimonate-Libor im zweiten Halbjahr deutlich zurück. Richtschnur für die Geldpolitik blieb das Bestreben, die Geldwertstabilität zu erhalten.

Die Aussichten für eine Erholung der Wirtschaft in diesem Jahr sind günstig. Bis zum Jahresende sollte das Wirtschaftswachstum wieder 2 Prozent erreichen. Bis heute sieht die Nationalbank keinen Grund, an diesem Szenario zu zweifeln. Allerdings gibt es Risiken. So könnte sich die Erholung der Investitionstätigkeit hinziehen. Einige sehen aber auch in der Entwicklung des Wechselkurses eine mögliche Gefahr. Wichtige Faktoren wie die tiefen Zinssätze in der Schweiz und die Beruhigung der politischen Lage sprechen im Grunde für eine Erstarkung des Euro gegen über dem Franken. In der kurzen Frist sind allerdings viele Bestimmungsgründe des Wechselkurses nicht beobachtbar. Die Nationalbank wird die Wechselkursentwicklung weiterhin aufmerksam verfolgen und nötigenfalls reagieren. Die substanzielle Lockerung der Geldpolitik im zweiten Halbjahr entschärfte die Wechselkurslage. Dank tiefen Zinsen, stabilen Preisen und der in vielen Branchen wieder gewonnenen Flexibilität hat die Schweizer Wirtschaft gute Chancen, vom erwarteten Aufschwung der Weltkonjunktur voll zu profitieren.