Umsetzung der Geldpolitik: Wie die Zinsen im negativen Bereich gesteuert werden

Andréa M. Maechler / Thomas Moser, Mitglied des Direktoriums / Stellvertretendes Mitglied des Direktoriums

Virtueller Geldmarkt-Apéro, Webcast, 05.11.2020

Ein gut funktionierender Geldmarkt ist zentral für das Finanzsystem und damit die Volkswirtschaft als Ganzes. Der Geldmarkt ist nicht nur wichtig für den Liquiditätsausgleich zwischen den Banken; er bildet auch die Basis für die Ermittlung von Referenzzinssätzen, die eine ökonomisch relevante Informationsfunktion erfüllen, insbesondere am Kapital- und Derivatmarkt. Als wichtigster Referenzzinssatz für Kreditprodukte in Franken etabliert sich aktuell der SARON, der damit den Libor ablöst. Zudem ist ein gut funktionierender Geldmarkt für die Transmission der Geldpolitik von grosser Bedeutung.

Wie die meisten Zentralbanken steuert die Schweizerische Nationalbank (SNB) die Zinsen am Geldmarkt. Sie trifft und kommuniziert ihre geldpolitischen Entscheide mit dem SNB-Leitzins. Im aktuellen Umfeld setzt die SNB den Negativzins auf den Sichtguthaben der Banken als Hauptinstrument für die Zinssteuerung ein und hält dadurch die kurzfristigen besicherten Geldmarktzinsen in Franken nahe dem SNB-Leitzins.

Damit die kurzfristigen besicherten Geldmarktsätze nahe beim SNB-Leitzins liegen, ist es nicht notwendig, die gesamten Sichtguthaben dem Negativzins zu unterstellen. Deshalb gewährt die SNB den Banken Freibeträge und reduziert dadurch die Zinsbelastung des gesamten Bankensystems auf das für die Umsetzung der Geldpolitik Notwendige. Die Steuerung der Geldmarktsätze funktioniert auch im negativen Bereich.

Im November 2019 und im April 2020 nahm die SNB zwei Anpassungen vor, die insgesamt höhere Freibeträge zur Folge hatten. Dadurch ist das Bankensystem als Ganzes deutlich entlastet worden. Zudem vergrösserte sich der Spielraum für den Liquiditätsaustausch zwischen den Banken, was am Repomarkt zu mehr Handelsvolumen führte. Die Erhöhung der Freibeträge setzte allerdings den SARON zeitweise unter Aufwärtsdruck. Die SNB hat diesem Druck mit Feinsteuerungsoperationen und Auktionen von Monatsgeld entgegengewirkt.

Eine wichtige Voraussetzung für einen gut funktionierenden Geldmarkt bildet eine solide und effiziente Infrastruktur. Deshalb wird die Swiss Money Market Value Chain dem raschen Wandel der Technologien und der Bedürfnisse der Marktteilnehmer immer wieder angepasst. Die SNB wird engagiert an der Weiterentwicklung der Schweizer Geldmarktinfrastruktur mitwirken, um sicherzustellen, dass diese auch künftig funktionstüchtig bleibt.