Kommunikation, Transparenz und Geldpolitik

Thomas Jordan, Mitglied des Direktoriums

Vereinigung Basler Ökonomen, Basel, 24.05.2007

Zentralbanken haben im Verlauf der letzten zwei Jahrzehnte die Transparenz in Bezug auf ihre Ziele, Strategien und Hintergründe der geldpolitischen Entscheidungen deutlich erhöht. Dieser Wandel wurde durch die Forderung hervorgerufen, dass unabhängige Zentralbanken in demokratischen Gesellschaften der Öffentlichkeit Rechenschaft schuldig sind. Ferner setzte sich die Erkenntnis durch, dass Transparenz die Wirksamkeit der Geldpolitik verbessert. Theoretische und empirische Studien zeigen indessen, dass mehr Transparenz nicht unter allen Umständen besser ist. Die Studien geben zudem nur beschränkt Hinweise darauf, wie eine wirkungsvolle Transparenz- und Kommunikationspolitik in der Praxis ausgestaltet werden soll.

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat seit dem Zusammenbruch des Bretton-Woods- Systems fixer Wechselkurse einen offenen Dialog mit der Öffentlichkeit geführt. Der Übergang von der Geldmengensteuerung Ende der neunziger Jahre zu einem Konzept, in dessen Vordergrund eine Inflationsprognose steht, ging mit einer weiteren, markanten Steigerung der Transparenz und einer Intensivierung der Kommunikationsaktivitäten einher. Heute publiziert die SNB regelmässig umfangreiche Informationen. Ein Hauptinstrument der Kommunikation bei der SNB sind die Inflationsprognosen. Sie werden unter der Annahme erstellt, der Referenzzinssatz bleibe während des Prognosezeitraumes konstant. Der grosse Vorteil einer Festzinsannahme liegt in ihrer Einfachheit und klaren Interpretation der Prognosen. In der Wissenschaft und Praxis werden noch zwei alternative Methoden zur Gewinnung von Inflationsprognosen intensiv erörtert. Die eine stützt sich auf die Marktzinserwartungen, die andere auf die publizierten Zinsprognosen der Zentralbank. Beide weisen einige Vorteile, aber auch einige schwerwiegende Nachteile gegenüber einer Festzinsannahme auf. Für die SNB besteht zurzeit kein Grund, von der Festzinsannahme abzukehren.

Eine effiziente Kommunikation hilft der Öffentlichkeit, die Denkweise der SNB und ihre Interpretation neuer Daten besser zu verstehen. Die SNB hat mit ihrer Kommunikationspolitik in den letzten Jahren sehr gute Erfahrungen gemacht. Es zeigt sich, dass die Öffentlichkeit ihr geldpolitisches Konzept und ihre wirtschaftlichen Analysen gut verstanden hat. Intensive und gezielte Kommunikation zwischen den geldpolitischen Lagebeurteilungen haben die Voraussehbarkeit und Nachvollziehbarkeit der geldpolitischen Entscheidungen erhöht. Allerdings können Überraschungen auch bei einer transparenten Geldpolitik nie ganz ausgeschlossen werden.

In einem sich laufend verändernden Umfeld müssen sich Kommunikation und Transparenz weiterentwickeln können. Doch blindes Mitmachen von Modewellen birgt Gefahren für die Glaubwürdigkeit. Kommunikation und Transparenz haben keinen Selbstzweck, sondern dienen dazu, die geldpolitischen Ziele bestmöglich zu erreichen. Sie sind vor dem Hintergrund der spezifischen historisch-kulturellen und institutionellen Eigenheiten eines Landes zu beurteilen. Es gibt kein „one size fits all“ für die Kommunikationsstrategien von Zentralbanken.