Die Herausforderungen eines Finanzplatzes: die Erfahrung der Schweiz

Jean-Pierre Roth, Präsident des Direktoriums

Handelskammer des Grossherzogtums Luxemburg, Luxemburg, 23.09.2002

Die Konsolidierungswelle, die dem Schweizer Bankensektor höchstwahrscheinlich bevorsteht, stellt die erste seiner grossen Herausforderungen dar. Der anhaltende Fall der Börsen und der daraus resultierende Kostendruck könnten – wie dies die angekündigten Fusionen im Privat- und Regionalbankensektor vermuten lassen – der Auslöser für diese Entwicklung gewesen sein. Die Akteure des Schweizer Finanzplatzes werden zweifellos ihre grosse Anpassungsfähigkeit, die sie in den neunziger Jahren an den Tag gelegt hatten, aufs Neue unter Beweis stellen.

Die andere grosse Herausforderung, mit der sich unser Finanzplatz konfrontiert sieht, ist das Dossier über die Kapitalbesteuerung im Rahmen der bilateralen Verhandlungen zwischen der Europäischen Union (EU) und der Schweiz. Unser Land lehnt die von der EU befürwortete Einführung einer Meldepflicht mit aller Bestimmtheit ab, schlägt aber eine glaubwürdige alternative Vorgehensweise vor. Unsere Freunde in Grossbritannien, welche allfällige negative Auswirkungen einer Quellensteuer auf die Entwicklung des Eurobond-Marktes in London unmittelbar beurteilen, übersehen offensichtlich die schwerwiegenden Konsequenzen für den europäischen Finanzplatz, wenn die Bankiers zu eifrigen Agenten des Fiskus mutieren würden.