Entwicklungstendenzen für den Schweizer Zins- und Währungsmarkt

Georg Rich, Direktor der Schweizerischen Nationalbank

Kapitalmarktforum der WGZ-Bank Luxembourg S.A., Luxemburg, 07.09.2001

Die Weltwirtschaft durchläuft gegenwärtig turbulente Zeiten, die auch die Schweiz nicht unberührt lassen. Im Vordergrund stehen die Konjunkturabkühlung in den USA und die Entwicklung des Dollarkurses. Deshalb befasst sich das Referat zuerst mit den Aussichten für die amerikanische Wirtschaft und den Dollarkurs. Obwohl zahlreiche Finanzanalytiker zu Schwarzmalerei neigen, besteht kein Grund für übertriebenen Pessimismus. Die amerikanische Zentralbank hat grundsätzlich die richtigen geldpolitischen Weichen gestellt und die Voraussetzungen für einen wirtschaftlichen Wiederaufschwung geschaffen. Freilich ist kaum mit einer raschen Erholung der amerikanischen Wirtschaft zu rechnen. Viele Marktteilnehmer scheinen die Fähigkeit der amerikanischen Zentralbank, die Wirtschaft innerhalb kurzer Zeit aus dem gegenwärtigen Konjunkturtief herauszureissen, zu überschätzen. Die künftige Entwicklung des Dollarkurses dürfte vor allem davon abhängen, ob es den Vereinigten Staaten nach der Überwindung der Konjunkturflaute gelingen wird, weiterhin ein hohes Wirtschaftswachstum zu erreichen.

Die schweizerische Wirtschaft hat nach einer langen Periode der Stagnation den Weg zu einem robusten Wachstum zurückgefunden. Sie scheint als Folge schmerzhafter Strukturanpassungen auch an internationaler Wettbewerbsfähigkeit gewonnen zu haben. Das turbulente internationale Umfeld führte indessen dazu, dass der wirtschaftliche Aufschwung der letzten Jahre keineswegs gradlinig verlief. So spürt die Schweiz die von den Vereinigten Staaten ausgehende wirtschaftliche Abkühlung deutlich. Dagegen verursachen die Wechselkurse keine schwer wiegenden Störungen. Während der Schweizerfranken - wie der Euro - gegenüber dem Dollar zur Schwäche neigt, verhält er sich gegenüber der europäischen Gemeinschaftswährung erstaunlich stabil. Die Stabilität der Franken-/Euro-Relation lässt Marktteilnehmer immer wieder vermuten, die Schweiz habe ihre geldpolitische Autonomie über Bord geworfen und de facto den Wechselkurs des Frankens gegenüber dem Euro fixiert. Davon kann indessen keine Rede sein. Die Schweiz würde mit eine Anlehnung an den Euro vielmehr zwei wichtige Vorteile ihrer geldpolitischen Autonomie verlieren: Das vergleichsweise niedrige schweizerische Zinsniveau und die Möglichkeit, die Geldpolitik zumindest in einem beschränkten Ausmass für ihre eigenen Bedürfnisse einzusetzen.