Zur Geldpolitik im neuen Jahr

Hans Meyer, Präsident des Direktoriums

Universität St. Gallen, St. Gallen, 20.01.2000

Nationalbankpräsident Hans Meyer äussert sich rückblickend zur Wirtschaftslage im OECD-Raum und in der Schweiz. Die Einführung des Euro wertet er grundsätzlich als positiv, auch wenn die neue Währung gegenüber dem Dollar etwa 15% an Wert verlor. Der Hauptteil des Referats ist dem neuen geldpolitischen Konzept der Schweizerischen Nationalbank gewidmet.

Es besteht aus drei Elementen: Definition der Preisstabilität, Verwendung einer breit abgestützten mittelfristigen Inflationsprognose als Hauptindikator, Zielband für den Dreimonatssatz am Schweizerfranken-Geldmarkt für die Umsetzung. Mit dem neuen Konzept erhöht die Nationalbank nicht zuletzt auch die Transparenz der Geldpolitik.

Bei der Definition der Preisstabilität ist zu beachten, dass die Teuerung nie genau gemessen werden kann. Es ist für die Nationalbank zum anderen praktisch unmöglich, die Inflation exakt zu steuern. Die Nationalbank verfolgt deshalb kein eigentliches Inflationsziel. Die Inflationsprognose über drei Jahre bringt die vorausschauende Haltung der Nationalbank zum Ausdruck. Mit dem Zielband für die Umsetzung der Geldpolitik wird von quantitativen Vorgaben am Geldmarkt abgerückt. Mengenvorgaben wurden angesichts der starken Schwankungen bei der Nachfrage der Banken nach Giroguthaben zusehends schwieriger. Die Nationalbank strebt mit der Festlegung eines Zielbandes keinen zinspolitischen Aktivismus an und wird Zinsschwankungen in einem gewissen Umfang weiterhin zulassen.

Die Anpassung des geldpolitischen Konzeptes trägt den Aenderungen an den Finanzmärkten Rechnung. Die Nationalbank kann damit ihren Auftrag auch in Zukunft erfüllen. Das beste Konzept ist aber nur so gut wie seine Umsetzung. Oft ist die Bereitschaft, konsequente, manchmal unpopuläre Entscheidungen zu treffen, ebenso wichtig. Geldpolitische Entscheidungen müssen durch die anderen Politikbereiche mitgetragen werden. Nur wenn der politische Wille zu stabilen monetären Verhältnissen in der Schweiz breit abgestützt bleibt, kann die Nationalbank ihren Auftrag längerfristig erfüllen.