Geldpolitik und Anlagepolitik der Nationalbank im Zeichen der Frankenstärke

Thomas Jordan, Präsident des Direktoriums

Volkswirtschaftliche Gesellschaft des Kantons Bern, Bern, 28.11.2012

Die Zentralbankbilanzen haben sich im Zuge der Bekämpfung der Finanz- und Wirtschaftskrise weltweit stark ausgedehnt. Die Schweizerische Nationalbank (SNB) intervenierte 2009 und 2010 am Devisenmarkt, um eine übermässige Aufwertung des Frankens zu bekämpfen. Am 6. September 2011 legte sie einen Mindestkurs von 1.20 Franken pro Euro fest, um schweren Schaden von der Schweiz abzuwenden. Die SNB setzt diesen Mindestkurs seither konsequent um und ist bereit, unbeschränkt Devisen zu kaufen. Diese Geldpolitik schlägt sich in einer massiven Bilanzverlängerung nieder. Sie hat auch die Bedeutung der Währungsreserven verändert und wirkt sich auf die Anlagepolitik der SNB aus.

Aufgrund des Auftrags der SNB geniesst die Geldpolitik Vorrang. Die Anlagepolitik hat sich deren Erfordernissen zu fügen. Sie steht im Dienste der Geldpolitik und darf deren Handlungsspielraum nicht einschränken. Derzeit gibt die Durchsetzung des Mindestkurses den Takt in der Bewirtschaftung der Währungsreserven vor. Die Aufgabe besteht darin, einen grossen Bestand an Devisen liquid, sicher und ertragsbringend zu diversifizieren. Die Anlagepolitik und der Anlageprozess der SNB haben sich auch unter diesen extremen Umständen als belastbar erwiesen. Das in den letzten 15 Jahren aufgebaute Anlagewissen und die Flexibilität in Bezug auf die Anlageklassen erlauben es, auch hohe Zuflüsse aus Devisenkäufen störungsfrei zu absorbieren. Die Prinzipien, auf denen die Anlagepolitik beruht, haben sich bewährt.

In der Öffentlichkeit stösst die Idee eines Staatsfonds für eine bessere Bewirtschaftung der Währungsreserven der SNB auf eine gewisse Resonanz. Ein Staatsfonds bringt der Geldpolitik mit Blick auf die Durchsetzung des Mindestkurses jedoch keine Erleichterung. Zudem hegen Befürworter eines Staatsfonds oft unrealistisch hohe Erwartungen, nicht zuletzt mit Blick auf die Rendite. Der wichtigste Punkt ist indes, dass Grösse und Zusammensetzung der Zentralbankbilanz heute direkter Ausdruck der Geldpolitik sind. Der Anlagebedarf der SNB entspringt unmittelbar der Geldschöpfung, und nicht anderen Ertragsquellen. Würden der SNB Einschränkungen in Bezug auf ihre Bilanz auferlegt, würde somit ihr geldpolitischer Handlungsspielraum beschnitten.

Als Folge der geldpolitisch bedingten Akkumulation von Währungsreserven lasten erhebliche Risiken auf der Bilanz der SNB. Die Wertschwankungen können deshalb künftig viel stärker ausfallen als in der Vergangenheit. Zudem hat sich das Verhältnis von Eigenkapital zu Währungsreserven verschlechtert. Damit die SNB auf lange Sicht ihren Auftrag im Gesamtinteresse des Landes uneingeschränkt erfüllen kann, trägt sie ihrer Kapitalbasis mit einer umsichtigen Rückstellungspolitik Sorge.