Aktuelle geldpolitische Herausforderungen für die Schweizerische Nationalbank

Thomas Jordan, Stellvertretendes Mitglied des Direktoriums

Geldmarkt-Apéro, Zürich, 22.03.2007

Die Schweizer Wirtschaft zeigt sich in einer starken Verfassung und dürfte auch 2007 über ihrem Potenzial wachsen. Die von der Schweizerischen Nationalbank (SNB) prognostizierte Inflation steigt unter der Annahme einer unveränderten Geldpolitik über die Zeit weiterhin trendartig an. Dies deutet darauf hin, dass aus heutiger Sicht die Normalisierung der Geldpolitik nicht abgeschlossen ist.

Die Einschätzung des nötigen Handlungsbedarfs ist zurzeit allerdings mit grösseren Unsicherheiten behaftet. Strukturelle Änderungen in der Schweizer Wirtschaft können wichtige Gleichgewichte beeinflussen. Kenntnisse über diese Gleichgewichte sind für die Einschätzung des neutralen Zinssatzes sehr wichtig. Neben den üblichen Unsicherheiten rund um die zukünftige Konjunkturentwicklung stellt daher für die SNB im Moment die Bestimmung von zentralen Gleichgewichtswerten eine wichtige Herausforderung dar. Auf drei aktuelle Aspekte wird hier speziell eingegangen: Erstens macht es die Öffnung des Arbeitsmarkts schwierig zu bestimmen, ab welchem Auslastungsgrad Lohndruck in der Schweiz entsteht. Zweitens erschweren Reformen und die Öffnung der Schweizer Wirtschaft die Einschätzung der Höhe des Potenzialwachstums. Es ist daher heikel abzuschätzen, ab wann die Outputlücke positiv wird und sich eine Überhitzung anbahnt. Drittens können strukturelle Veränderungen aber auch dazu führen, dass der reale Wechselkurs des Frankens einem neuen Trend folgt. Dies erschwert die Einschätzung der Inflationsgefahr als Folge der Abschwächung des Frankens gegenüber dem Euro.

Die hohe Unsicherheit über die strukturellen Änderungen in der Schweizer Wirtschaft verlangen eine erhöhte Wachsamkeit und Flexibilität der SNB. Die günstige Konjunkturlage und die niedrige Teuerung in der Schweiz erlauben es der SNB, sich an die neutrale Geldpolitik heranzutasten.