Geldpolitik im Banne des Euro?

Thomas Jordan, Stellvertretendes Mitglied des Direktoriums

Bundesfachtagung der Volkswirtschaftsprofessorinnen und -professoren an Fach- und Gesamthochschulen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, Zürcher Hochschule Winterthur, Winterthur, 19.05.2005

Der Euro ist aus dem Prozess der wirtschaftlichen und politischen Integration Europas nicht mehr wegzudenken. Auch für die Schweiz hat der Euro die währungspolitische Lage verändert.

Seit der Einführung des Euro ist keine klare Auf- oder Abwertungstendenz beim Wechselkurs zwischen der Schweiz und der Eurozone zu beobachten, und auch die Volatilität des Euro-Franken-Kurses ist im internationalen Vergleich sehr klein. Diese gegenüber früher deutlich stabileren Währungsverhältnisse in Europa stellen einen grossen Vorteil für den schweizerischen Aussenhandelssektor dar, da die Eurozone für die Schweiz der wichtigste Handelspartner ist.

Der Euro konnte sich international als eine führende Währung etablieren. Der Schweizer Franken wurde aber dadurch weder in der Schweiz noch auf den internationalen Finanzmärkten verdrängt. Gleichzeitig nahm in den letzten Jahren die Bedeutung des Frankens als sicherer Hafen tendenziell ab.

Die autonome Geldpolitik der Schweizerischen Nationalbank (SNB) wurde durch die Einführung des Euro nicht in Frage gestellt. Die SNB setzt das Band für den Dreimonats-Libor mit dem Ziel fest, mittelfristig Preisstabilität aufrechtzuerhalten; sie verfolgt kein Wechselkursziel. Die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen, dass die SNB gegenüber der EZB ihren Spielraum ausnützen kann. Eine autonome Geldpolitik bedeutet indessen nicht, dass die SNB den Euro ignoriert. Der Euro-Franken-Kurs und die Wirtschaftsentwicklung in der Eurozone haben einen starken Einfluss auf die Entwicklung der schweizerischen Wirtschaft und auf die Preise in der Schweiz. Sie stellen daher wichtige Elemente bei der Festlegung des geldpolitischen Kurses der SNB dar.