Geldpolitik und Kreditmärkte

Jean-Pierre Roth, Präsident des Direktoriums

Universität St. Gallen, St. Gallen, 22.01.2004

Die Konjunkturbaisse der letzten zwei Jahre hat sich auf die Kreditmärkte niedergeschlagen. Die Kredite an Unternehmen gingen zurück, und am Kapitalmarkt lagen die Rückzahlungen von Aktien und Obligationen privater Schuldner über den Neuemissionen. In diesem Referat werden einige generelle Punkte zum Thema Kreditfinanzierung und Geldpolitik erörtert.

Die Finanzierungsmöglichkeiten und damit auch das Ausgabenverhalten eines Schuldners hängen vom Wert der als Sicherheiten verwendbaren Vermögensanlagen, oder allgemeiner von seiner Bilanzstruktur ab. Aufgrund der grossen Rolle, welche Immobilien als Sicherheiten spielen, hat wiederum die Situation auf dem Immobilienmarkt einen grossen Einfluss auf die Kreditbedingungen. Die Schweizerische Nationalbank schenkt deshalb der Preisentwicklung am Immobilienmarkt starke Beachtung.

Die Geldpolitik beeinflusst die Preise von Vermögensanlagen und wirkt somit über die Bilanzen der Schuldner auf die Volkswirtschaft ein. Das ist nicht der einzige Wirkungskanal der Geldpolitik und sicher nicht der wichtigste; er kann aber unter Umständen seine Bedeutung haben. Da sich die Bilanzen von Unternehmen zu Unternehmen stark unterscheiden, hat die Geldpolitik distributive Wirkungen. Davon betroffen sind vor allem KMU, denn KMU sind oft jung, haben ihre Aktivitäten wenig diversifiziert und verfügen über wenig Eigenkapital. Die Unternehmen können aber diesen Nachteil bis zu einem gewissen Grad durch verbesserte Information mildern.

Auch die Bilanzen der Banken haben einen Einfluss auf die Kreditvergabe. Davon betroffen sind vor allem die KMU, für die Bankkredite oft die einzige Quelle der Fremdfinanzierung sind. Die Bankregulierung sollte zu vermeiden versuchen, dass die Prozyklität der Kreditvergabe durch die Vorschriften unnötig verstärkt wird. In Basel II wurde deshalb Flexibilität eingebaut, die dazu beitragen sollte, dies zu erreichen.