Geldpolitik in schwierigen Zeiten

Jean-Pierre Roth, Präsident des Direktoriums

Business Club Genf, Genf, 11.02.2003

Das Jahr 2002 war in konjunktureller Hinsicht enttäuschend. Die Korrektur der verschiedenen, zuvor entstandenen Ungleichgewichte (Börsenblase, Bilanztäuschungen, Investitionsüberhang) hat sich als schwieriger und langwieriger herausgestellt als vermutet. Die Weltwirtschaft wächst, vor allem im Bereich der Investitionen, nur schwach.

Die Schweiz ist auf die Produktion von Investitionsgütern spezialisiert und verfügt überdies über einen bedeutenden Finanzsektor. Sie ist daher von der ungünstigen Entwicklung stärker betroffen als andere Länder. Auch die Stärke der Schweizerfrankens bremst das Wachstum in unserem Land. Der Wirtschaftsaufschwung wird nur langsam eintreten und unterliegt zudem zwei grossen Risiken: Die Probleme unserer Handelspartner, vor allem Deutschlands, könnten unsere Exporte länger als erwartet belasten. Und die weltpolitischen Unsicherheiten bedrohen den Schweizer Franken. Sollten die Märkte irrational reagieren, dann wird die Nationalbank all ihre Mittel einsetzen um zu verhindern, dass die Schweizer Wirtschaft von einem Aufschwung ausgeschlossen bleibt oder die Preisentwicklung in den gefährlichen Bereich negativer Wachstumsraten gerät.

Eine Geldpolitik, die den realen Wechselkurs mit Blick auf konjunkturelle Bedürfnisse beeinflussen oder den Franken an den Euro binden möchte, hätte in der heutigen Situation indessen mehr Nachteile als Vorteile. Die Hoffnung, den realen Wechselkurs steuern zu können, ist eine Illusion. Damit ginge die Kontrolle über die Liquidität im Inland und schliesslich über die Preisentwicklung verloren. Ein Anbinden (Pegging) des Frankens an den Euro würde unweigerlich zu einem Anstieg des Zinsniveaus in der Schweiz führen. Dies hätte negative Auswirkungen auf die Konjunktur und den Immobiliensektor, ohne dass die Wettbewerbsfähigkeit unserer Exportindustrie sichergestellt würde. Der Franken ist gegenüber dem Euro durch die politischen Unsicherheiten und den Rückgang des Dollars nicht destabilisiert worden. Dies sollte uns Vertrauen geben. Offensichtlich ist die dem Franken oft zugesprochene Rolle einer Fluchtwährung weniger ausgeprägt, als manchmal behauptet wird.