Der Euro: erste Einschätzungen

Jean-Pierre Roth, Vizepräsident des Direktoriums

Generalversammlung der jurassischen Industrie- und Handelskammer, Saignelégier, 18.05.1999

Die Einführung des Euro verlief reibungslos. Die Märkte blieben ruhig, der Wechselkurs des Schweizer Frankens zum Euro entwickelte sich bemerkenswert stabil.

Die anfängliche Euphorie wurde durch die Abschwächung des Euro gegenüber dem Dollar und die öffentliche Debatte über die Zinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) ein wenig gedämpft.

Die Verhältnisse haben sich in letzter Zeit stabilisiert. Der Euro/Dollar-Kurs hat sich den unterschiedlichen ökonomischen Perspektiven diesseits und jenseits des Atlantiks angepasst, und die kürzlich erfolgte Senkung der europäischen Zinssätze hat die Spekulationen über die Politik der EZB verstummen lassen.

Aus Schweizer Sicht sind die ersten Erfahrungen mit dem Euro positiv. Die Einheitswährung wird zunehmend als Recheneinheit verwendet. Solange aber der Euro in der breiten Öffentlichkeit nicht als Zahlungsmittel Verwendung findet, werden die Entwicklungen auf diesem Gebiet wenig ausgeprägt sein. Der Gebrauch des Euro in der Schweiz scheint sich im selben gemächlichen Rhythmus zu entwickeln wie in den Ländern der Europäischen Union.

Die positive Erfahrung der letzten Monate stärkt unser Vertrauen, dass das Verhältnis zwischen Franken und Euro auch künftig stabil bleibt. Eine wesentliche Rolle spielen dabei vorderhand die fundamentalen wirtschaftlichen Faktoren der betreffenden Länder. Die überaus konvergente Wirtschaftspolitik der Schweiz und ihrer Nachbarn ist die beste Garantie für den Erhalt der relativen Stabilität.

Die Erfahrung einiger Monate genügt dennoch nicht, um definitive Schlüsse zu ziehen. Die Geldpolitik in der Europäischen Union zu führen, ist ein delikates Unterfangen angesichts regionaler wirtschaftlicher Disparitäten. Märkte und Politik folgen den Aktivitäten der EZB weiterhin mit kritischen Augen.

Unter diesen Umständen gilt es, in jeder Hinsicht wachsam zu bleiben; die Schweizer Unternehmen dürfen sich nicht der Illusion hingeben, dass nun kein Wechselkursrisiko mehr besteht zwischen dem Franken und dem Euro. Und für die Nationalbank bleibt die Unsicherheit im europäischen Umfeld ein wichtiges Element für ihre Lagebeurteilung.