Geldpolitik - Die schweizerische Sicht

Hans Meyer, Präsident des Direktoriums

Belgisches Finanzforum, Brüssel, 23.11.1998

Die Weltwirtschaft befindet sich gegenwärtig in einer ausgeprägten Phase des Überganges. Dabei geht es nicht nur darum, Fehlentwicklungen zu korrigieren. Es sind vor allem Lehren zu ziehen, die im Blick auf das Ziel einer ausgewogenen und nachhaltigen wirtschaftlichen Entwicklung wesentlich sind. Drei Überlegungen sind hervorzuheben:

Es geht nicht darum, das Rad neu zu erfinden. Vielmehr sind die Zielsetzungen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Handelns, mit den menschlichen und sachlichen Gegebenheiten vermehrt in Einklang zu bringen. Vernunft, Sorgfalt und Bescheidenheit sind die Leitplanken, die den einzuschlagenden Weg markieren.

Bei aller Sympathie für das Streben nach internationaler Arbeitsteilung ist zu beachten, dass die Voraussetzungen dafür zuerst und vor allem in den einzelnen Ländern geschaffen werden müssen. Nur die Verflechtung gesunder Volkswirtschaften kann die erwarteten Vorteile bringen. Die Merkmale einer gesunden Wirtschaftspolitik sind dabei in allen Fällen gleich. Im Vordergrund stehen eine stabilitätsgerechte Geldpolitik, eine solide Finanzpolitik und eine wirksame Wettbewerbspolitik. Die Hilfe der Starken zu Gunsten der Schwächeren liegt im Interesse aller. Sie kann aber nur als Hilfe zur Selbsthilfe erfolgreich sein.

Schliesslich sollten wir uns immer wieder daran erinnern, dass es sich bei der Schaffung der Voraussetzungen für eine ausgewogene und nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung letztlich um eine gesellschaftliche Herausforderung handelt. Das ist deshalb der Fall, weil es die gleichen Menschen sind, die über die Rahmenbedingungen entscheiden, unter denen sich ihre wirtschaftlichen Aktivitäten abspielen. Die Herausforderung ist nur zu bestehen, wenn sich eine ausreichende Zahl von Bürgern an der Gestaltung des Zusammenlebens beteiligt.